Harald Braem – der Guanchen Forscher
Wer an kulturellen, archäologischen und historischen Informationen über La Palma literarisch interessiert ist, kommt an Prof. Harald Braem nicht vorbei.
In über 30 Büchern hat er wissenschaftliche Fakten u.a. in spannende Krimis eingearbeitet.
Sein letzter Kriminalroman: “Tod im Barranco”.
Und auf den Spuren der Ureinwohner – ein archäologischer Reiseführer für die Kanaren:
Hier der Link:
https://www.amazon.de/Auf-den-Spuren-Ureinwohner-arch%C3%A4ologischer/dp/849348573X
“Wie für viele vor und nach ihm war auch für Harald Braem dieser nicht einzufangende Funke, der unvermittelt und ohne Vorwarnung überspringt, ausschlaggebend für den Beschluss, sich auf den Kanaren niederzulassen. „Ich habe mich in diese Insel verliebt, als ich 1984 zum ersten Mal hier in Urlaub war.“
Ein Jahr später konnte bereits getrost gesagt werden, dass Don Harald auf La Palma heimisch geworden war. Seinen ersten Forschungsauftrag auf der Insel absolvierte er bereits mit seinem eigenen Haus als Stützpunkt. Die Dokumentation der Höhlenbilder von La Palma beschäftigte ihn mehrere Jahre. Die Suche nach Spuren der kanarischen Ureinwohner beschränkten sich natürlich nicht auf La Palma. Auf La Gomera war der deutsche Professor einer der ersten, der die Archäologie wissenschaftlich in Angriff nahm. Auf Teneriffa arbeitete Harald Braem mehrere Jahre mit Thor Heyerdahl an der Erforschung der Pyramiden von Güimar und an Theorien über die Ankunft der ersten Siedler auf den Kanaren. Auch auf Gran Canaria arbeitete der Archäologe an einigen Projekten. Er erforschte unter anderem die Höhlen von La Fortaleza de Ansite, wo die letzten Ureinwohner kämpften, und er war einer der ersten, der die Fundstellen bei Mogán untersuchte.
Forscher Braem gehört zu den glücklichen Menschen, die nicht nur mit offenen Augen durchs Leben gehen, sondern dabei auch noch Dinge sehen und finden. Wie die sieben Gefäße aus Phonolith, die Harald aus den Barrancos von La Gomera geholt hat, und von denen vier im Archäologischen Museum der Insel ausgestellt sind. „Das war nicht einfach“, berichtet er, „Als wir die Gefäße vom Berg herunterholten, gab es das Museum noch gar nicht. Erst 2007 wurde es eröffnet und zeigt heute an die 30.000 Stücke. Ob alle davon auch wirklich das sind, was auf den Schildern steht, kann nicht bestätigt werden. Ebenso wenig wie der Verbleib der anderen drei Kultgefäße, die ich gefunden habe.“
„Ich bleibe gerne im Hintergrund“, sagt Harald Braem. Doch auch von dort kann trefflich gewirkt werden – und in viele Richtungen. Das Leben des 71jährigen ist voller Wendungen und Überraschungen, aber immer intensiv und engagiert verlaufen. Und das ist keineswegs ein Rückblick, im Gegenteil. „Vor wenigen Tagen war ich in ein paar Höhlen hier in der Gegend“, erzählt er im Garten seines Hauses auf La Palma. Zwischen Blumen und Sträuchern findet der Blick die Westküste der Insel mit dem Atlantik als Kulisse. Harald weist auf Erhebungen und Landstriche, die für Unkundige kaum auszumachen sind, er erzählt von deren Bedeutung und Geschichte mit den Worten des von seiner Sache gefesselten und der Ausführlichkeit des Wissenden. Ein wenig erinnert er dabei an den Professor, der er fast 20 Jahre an der FH Wiesbaden war. Seine Vorlesungen waren sicher gut besucht, jeder Student freut sich, wenn jemand am Pult steht, der komplexe Sachverhalte voller Elan und Überzeugung vortragen kann.
„Ich habe alles mögliche studiert, ich war immer meinen Interessen treu“, sagt Harald Braem rückblickend. Ein Blick auf seinen Lebenslauf bestätigt das. Bei so vielen Beschäftigungen und Tätigkeiten drängt sich die Frage auf: „Wann fanden Sie denn Zeit zum Schreiben?“ Die Antwort erstaunt zuerst: „Das Schreiben, die Dichtung war meine erste Leidenschaft. Ich begann schon als Kind zu schreiben und fühle mich als Dichter.“ Die Bibliographie ist wie ein Spiegel des Autors: Vielseitig sind die Themen und intensiv die Auseinandersetzung mit ihnen. Der Erfolg spricht für sich, sein Werk über Farbpsychologie „Die Macht der Farben“ (München, 1985) ist ein Standardwerk und wurde in mehrere Sprachen übersetzt, darunter chinesisch, koreanisch und russisch. Schon vorher war sein erstes Buch gedruckt worden, eine Sammlung von Kurzgeschichten unter dem Titel „Ein Blauer Falter über der Rasierklinge“, und seither erscheinen regelmäßig wissenschaftliche Werke abwechselnd mit Belletristik.
Mehr als 30 Bücher sind es bislang, rechnet man Einzelveröffentlichungen dazu sind es 750. Manchmal verwischen sich die literarischen Zuordnungen wie im archäologischen Reiseführer „Auf den Spuren der Ureinwohner“ (Zech Verlag, Teneriffa, 2008). Wissenschaftliche Fakten werden hier in spannende Geschichten verpackt, Theorien und Daten, mit Abbildungen verdeutlicht, vermischen sich mit den eigenen Abenteuern des Autors, der bei vielen archäologischen Entdeckungen der jüngsten Jahrzehnte an vorderster Stelle mit dabei war. Oder im historischen Roman „Tanausú, König der Guanchen“, in dem die wahre Geschichte der Unterwerfung der Ureinwohner aus der fiktiven Sicht des jungen Guanchen Bencomo, parallel dazu aber auch aus der Sicht der Angreifer, von denen nicht alle mit der rücksichtslosen Vorgangsweise ihrer Kommandeure einverstanden waren, erzählt wird.
Auch in seinem bislang letzten veröffentlichten Kriminalroman „Tod im Barranco“ (Zech Verlag, Teneriffa, 2013) tragen Erfahrung und Fachkenntnis des Autors die Handlung mit. Ein mystischer Faden zieht sich durch den Thriller, ein heiliger Ort der Guanchen wirkt auf die zufällig und willkürlich auftauchenden Menschen der Gegenwart. Diese Wirkung erfährt Harald Braem oft selbst. „Ich kann es nicht erklären, aber auf La Palma, auf den Kanaren, an den vielen einsamen und verborgenen, historischen und spektakulären Plätzen fließt mir das Schreiben aus der Hand. Die Umgebung ist der Kreativität förderlich.“ Das bestätigt auch seine Partnerin Sylvia Catharina Hess. Sie ist eine erfolgreiche Malerin mit vielen internationalen Ausstellungen. Bei ihrem Haus auf La Palma hat sie sich ein lichtdurchflutetes Atelier eingerichtet, und was dort entsteht bestätigt in Form und Farbe den Einfluss der kreativen Ausstrahlung des Ortes.
Das Künstlerpaar mit wissenschaftlicher Färbung lebt nicht ständig auf den Kanaren. Sylvia hat in Deutschland ebenfalls ein Atelier, und Harald geht seinen vielen Verpflichtungen in der alten Heimat nach. „Unsere Heimat ist eigentlich hier, auf La Palma“, bekennen beide. Sie haben beruflich und zum Vergnügen die ganze Welt bereist, um auf den „Glücklichen Inseln“ ihren Hafen zu finden.
Glücklich sind diese Inseln möglicherweise – soweit Vulkane im Ozean glücklich sein können. Was sicher erscheint, ist, dass die darauf lebenden Menschen dem Glück näher kommen als anderswo. „Es gibt Strahlenquellen, die dafür verantwortlich sein könnten“, erzählt Harald und zeigt auf den „Roque de Idafe“ ein Monolith, der vor dem felsigen Hintergrund kaum auszumachen ist. „An diesem Stein kann eine intensive Strahlung gemessen werden. Für die Guanchen war es ein Heiligtum und ein Ort der Heilung.“ Auch heute noch soll ein Besuch dieses Steins positive Wirkungen haben.
Auf den Spuren der Ureinwohner
Ein archäologischer Reiseführer für die Kanaren von Harald Braem
Buchrezension von Berthold Volberg
Der Autor Harald Braem eröffnet sein Werk mit der Bemerkung: „Die Guanchen: Tausend Fragen und keine richtige Antwort?“ Und in der Tat geht einerseits eine geheimnisvolle Faszination von den Ureinwohnern der Kanarischen Inseln aus, andererseits gibt es nach wie vor wenig gesichertes Wissen über die Geschichte und das Alltagsleben der Guanchen. Braems Buch liefert einen wichtigen Beitrag zur teilweisen Schließung dieser Wissenslücke.
Er beginnt mit einem Vergleich verschiedener Thesen zum Ursprung der Besiedelung der Kanarischen Inseln: woher kamen die vorspanischen Eroberer? Dabei werden diese Thesen (u.a. der „Atlantismythos“, die „Berbertheorie“ und die abenteuerliche These, dass die ersten Siedler der Kanaren aus Amerika kamen, mit meist überzeugenden Argumenten, wenn auch etwas kurz) auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft. Zuletzt gibt Braem der atlantischen Westkulturtheorie den Vorzug und stützt sich dabei auch auf archäologische Argumente (z.B. Vergleich von Keramikfunden auf den Kanaren mit ähnlichen in Irland und Galizien). Besonders interessant ist in diesem Kontext ein möglicher Zusammenhang zwischen den kanarischen Steinkreisen (Tagoror) für Kult- und Versammlungszwecke und Stonehenge oder ähnlichen Kultstätten in Irland und Schottland.
Den zweiten Teil des Buchs widmet der Autor einer Analyse des Alltagslebens der Altkanarier (auf Teneriffa Guanchen genannt). Die Gewichtung und der Aussagewert der einzelnen Artikel dieses Abschnitts sind unterschiedlich. Während die Kapitel über Ernährung, Musik und Tanz der Guanchen eher oberflächlich und oft spekulativ bleiben (und auch aufgrund fehlender Datenquellen bleiben müssen), sind die Artikel über Bestattungsriten und Schrift bzw. Felsmalereien der Ureinwohner sehr detailliert und informativ.
Der dritte und umfangreichste Teil des Buchs ist dem eigentlichen archäologischen Reiseführer vorbehalten. Hier bietet Harald Braem mit gutem Kartenmaterial illustrierte Wegweiser zu den wichtigsten archäologischen Fundstätten der Kanarischen Inseln, von denen viele noch weitgehend unbekannt sind. Zwar gibt es unter den präsentierten Naturdenkmälern und Kultstätten der Ureinwohner einige, die schon berühmt geworden sind: der phallische Roque de Idafe auf der Insel La Palma, die „Pyramiden“ von Güimar auf Teneriffa, der Roque Bentayga auf Gran Canaria oder der Bezirk des spektakulären Tafelbergs „La Fortaleza de Chipude“ auf La Gomera. Aber es ist Braems besonderes Verdienst, auch verborgene archäologische Spuren, an denen Touristen oft achtlos vorbei laufen, ans Licht zu holen.
Komplettiert wird dieses insgesamt sehr informative Werk mit einem kleinen „Guanchenlexikon“ und einem nützlichen Glossar. Dabei werden auch die ursprünglichen Guanchennamen der Kanarischen Inseln sowie deren politische Gliederung vor der spanischen Eroberung berücksichtigt. Und das beste: obwohl fundiert und gut recherchiert, kommt das Buch von Braem nicht wissenschaftlich trocken, sondern unterhaltsam daher. Denn wie der Autor es selbst im Vorwort formuliert: „Es soll ja keine Arbeit sein, das Buch zu lesen, sondern Vergnügen bereiten…“ Und das tut es.